Fundort Wien
Berichte zur Archäologie
15/2012
Fundort Wien 15, 2012. – Urheberrechtlich geschützt, Vervielfältigung und Weitergabe an Dritte nicht gestattet. © Museen der Stadt Wien – Stadtarchäologie
Aufsätze
M. Mosser et al., Befunde im Legionslager Vindobona
Befunde im Legionslager Vindobona. Teil VII:
Der Abwasserkanal der via praetoria – Wien 1,
Wipplingerstraße 6 (Altes Rathaus)
Martin Mosser/Kristina Adler-Wölfl/Sigrid Czeika/Ingeborg Gaisbauer/Silvia
Radbauer/Helga Sedlmayer mit einem Beitrag von Sylvia Sakl-Oberthaler
Die für 2012 geplante Errichtung eines Fluchtstiegenhauses im Hof III („Salvatorhof“) des Alten Rathauses auf der Parzelle Wien 1, Wipplingerstraße 6/Salvatorgasse 5 (Salvatorkapelle) erforderte zunächst die Herstellung eines
ursprünglich bis zu 5 m tief geplanten Probeschachtes zur Klärung der Bodenbeschaffenheit. Da sich die Sondage innerhalb der Kernzone sowohl des römischen als auch des mittelalterlichen Wiens befand, nahm die damit beauftragte
Magistratsabteilung 29 (Brückenbau und Grundbau) Kontakt mit der Stadtarchäologie Wien auf, um die entsprechenden Arbeiten koordiniert durchzuführen. 1 Ab dem 7. Dezember 2011 wurde auf einer Grundfläche von
361,50 m an der Südseite des Innenhofes, entlang der Hausmauer mit den
Aushubarbeiten begonnen (Abb. 1). Es zeigte sich zunächst ein älterer, mit
Schutt verfüllter, von Osten in den Keller des noch bestehenden Traktes führender Stiegenabgang, der im Süden (= Kellermauer des Hauses Wipplingerstraße 6),Westen und Norden von massiven Ziegelmauern begrenzt war. Letz1
Für die ausgezeichnete Zusammenarbeit
bedanken wir uns bei Herrn Dipl. Ing. Thomas
Herzfeld von der MA 29 – Brückenbau und
Grundbau.
2
Vgl. Archivstück der MA 20 – Energieplanung, Plan- und Schriftenkammer EZ 1415
vom 18.3. 1954 mit Grund- und Aufrissplänen
des abzureißenden Bauteils südlich der Pfarrkanzlei der Salvatorkapelle; die entsprechenden Recherchen bei der MA 37 – Baupolizei
führten Thomas Herzfeld und Heike Krause
(Stadtarchäologie Wien) durch.
3
Vgl. R. Perger, Zur Geschichte von St.
Salvator. WGBl 29, 1974, 27; G. Buchinger/
D. Schön, Das Alte Rathaus – Die bauliche Genese eines Wiener Monumentalbaus. ÖZKD
56/4, 2002, 436–438.
4
Vgl. dazu F. Czeike, Wien und sein Altes
Rathaus. WGBl 27, 1972, 446–457; W.
Brauneis, Die baugeschichtliche Entwicklung
des Alten Rathauses im Spätmittelalter. WGBl
27, 1972, 457–465; Perger (Anm. 3) 17–28;
Buchinger/Schön (Anm. 3) 420–443 mit weiterer Literatur; Dehio-Handbuch Wien. I. Bezirk –
Innere Stadt (Horn, Wien 2003) 142–144 s. v.
Salvatorkapelle; 290–294 s. v. Altes Rathaus;
V. Friedrich, Die St. Salvatorkapelle zu Wien.
Peda-Kunstführer 645 (Passau 2006).
tere gehörten zum Keller des seit 1954 nicht mehr existierenden Osttraktes des
Alten Rathauses,2 welcher 1780/81 errichtet worden sein dürfte, als das Benefiziatenhaus (entspricht dem südöstlichen Trakt des heutigen Hauses Wipplingerstraße 6) in den Rathausbau einbezogen wurde (siehe unten). 3 Der Bauschutt reichte dabei bis in 2,20 m Tiefe (Hofniveau: 17,55 m über Wr. Null),
ehe mit dem Auftauchen einer Bruchsteinmauer (Bef.-Nr. 1) archäologisch relevante Kulturschichten auf einer Fläche von 161 m innerhalb der neuzeitlichen
Kellermauern zutage traten. Diese wurden in weiterer Folge von Mitarbeitern
der Stadtarchäologie Wien bis zum 16. Dezember 2011 dokumentiert (GC:
2011_12).
Das Alte Rathaus und die Salvatorkapelle (M. Mosser)
Zum besseren Verständnis der Ausgangssituation für die archäologischen Untersuchungen soll einleitend kurz die Baugeschichte der nördlich benachbarten
Salvatorkapelle und des anschließenden Komplexes des Alten Rathauses zusammengefasst werden. 4
Ab dem 13. Jahrhundert ist als ältestes urkundlich erwähntes Gebäude im Bereich des späteren Rathauses das Haus der Haimonen an der Salvatorgasse
überliefert. Zwei Brüder dieses Rittergeschlechtes, Otto II. und Haimo III., stifteten Ende des 13. Jahrhunderts eine Marienkapelle im Obergeschoß ihres Anwesens, im Bereich des südlichen Schiffes der heutigen Salvatorkapelle. Nach
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M. Mosser et al., Befunde im Legionslager Vindobona
den. Das kleinteilige Einzelstück aus La Graufesenque (TS1) ist sicher als sogenanntes Altstück, das länger in Benutzung war oder durch mehrmalige Umlagerungsprozesse eingebracht wurde, anzusprechen. Die Verfüllung des Kanals
(Bef.-Nr. 21; sowie Bef.-Nr. 10 und 3) ist anhand des keramischen Fundmaterials somit ganz grob in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts zu datieren (siehe
Beitrag K. Adler-Wölfl). Der spätere Umlagerungsprozess der Kanalverfüllung
(Bef.-Nr. 10 und 3) entzieht sich ebenso einer näheren zeitlichen Einordnung.
Kat.-Nr. Inv.-Nr./MV Form
Typ
Erh.
Provenienz
RDm/cm Dekor
Abwasserkanal – untere Verfüllung Bef.-Nr. 21 (Taf. 1)
TS1
93.220/1 Schüssel Drag. 37
1 WS La Graufesenque (LA 4) –
Verfüllung Bef.-Nr.
TS2
93.209/1
TS3
93.207/3
TS4
93.204/43
TS5
93.204/41
TS6
93.204/38
TS7
93.204/40
TS8
TS9
TS10
TS11
TS12
93.207/2
93.204/42
93.204/44
93.209/2
93.204/36
TS13
93.207/1
n. b. Punzenreste und feiner s-förmiger
Abschlussfries
10 der Grube Bef-Nr. 17 und darüber liegende Planierung/Anschüttung Bef.-Nr. 3 (Taf. 2)
Teller
Drag. 18/31 1 RS Lezoux (LZ A5)
16
wohl zugehörig zu TS19
–
–
1 WS Lezoux (LZ A6)
–
–
Schüssel Drag. 37
1 RS Rheinzabern (RZ A6)
18
–
Schüssel Drag. 37
1 WS Rheinzabern (RZ A6)
–
Kreuz RF O53 a; Julius II-Julianus I oder
Victorinus II; Bernhard IIIa
Schüssel Drag. 37
1 WS Rheinzabern (RZ 6)
–
Eierstab RF E23, laufender Bär n. r. T62;
B. F Attoni, Bernhard IIa
Schüssel Drag. 37
1 WS Rheinzabern (RZ A4)
–
wohl Jäger mit Jagdspieß RF M204 od.
204 a, n. b. Punzenreste; wohl Cobnertus I –
Ware mit Eierstab E8; Bernhard Ib-IIb
Teller
–
1 WS Rheinzabern (RZ A4)
–
–
Becher
Drag. 33
1 RS Rheinzabern (RZ 5)
9
1 Rille Wandaußenseite
Becher
Drag. 54
1 WS Rheinzabern (RZ A4)
–
Barbotinedekor: herzförmiges Blatt mit Stiel
Becher
Drag. 54
1 RS Rheinzabern (RZ 5)
6,5
wohl zugehörig zu TS20
Kantharos Drag. 53
1 HS Rheinzabern (RZ 4)
–
Weißbarbotine an Henkelaußenseite: Reihe mit
Punkten; wohl zugehörig zu TS13 (Abb. 16)
Kantharos Drag. 53
1 WS Rheinzabern (RZ 4)
–
Weißbarbotine: Ranken und Weintrauben; wohl
zugehörig zu TS12 (Abb. 16)
–
–
1 WS Rheinzabern (RZ A5)
–
–
–
1 WS Rheinzabern (RZ A3)
–
–
–
1 WS Rheinzabern (RZ 6)
–
–
–
1 WS Rheinzabern (RZ 6)
–
–
–
1 WS Rheinzabern (RZ 6)
–
TS14 93.204/7
TS15 93.204/45
TS16 93.204/46
TS17 93.209/3
TS18 93.209/4
Streufunde
TS19 93.213/1 Teller
TS20 93.213/2 Becher
TS21 93.213/3 –
Drag. 18/31 1 RS Lezoux (LZ A5)
Drag. 54
1 RS Rheinzabern (RZ 5)
–
1 WS Rheinzabern (RZ 3)
16
6,5
–
wohl zugehörig zu TS2
wohl zugehörig zu TS11
–
Tab. 9: Katalog der Terra Sigillata aus der Sondage in Wien 1, Wipplingerstraße 6 (Altes Rathaus). TS – abgebildet auf Tafel.
Abfälle einer antiken Buntmetallwerkstätte (H. Sedlmayer)
Abfälle einer Buntmetallgießerei liegen aus der kleinen Sondage der Wipplingerstraße 6 (Wien 1) in beachtlicher Zahl vor. Wie auch bei der Keramik vergleichbare Fundspektren sowohl aus der untersten Kanalverfüllung Bef.-Nr. 21 als
auch aus den darüber folgenden Planierungen und Auffüllungen (insbesondere
Bef.-Nr. 3) stammen, so kommen auch Gussformen in den entsprechenden
Schichten vor (Taf. 3). Es handelt sich um eine fast vollständig erhaltene Hälfte
sowie um fünf weitere Bruchstücke mehrteiliger Gussformen. Alle Objekte wurden einmalig für einen Guss in verlorener Form verwendet. Sie waren aus
feinem Lehm hergestellt worden, die maximale Wandstärke betrug rund
2 cm. Die Außenwand der Formen zeigt unregelmäßige Modellierspuren, das
Innere wies jeweils den Negativabdruck des hergestellten Objekts mit grünlichen oder grauen Korrosionsresten des eingegossenen Buntmetalls oder mit
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grauen Resten des Graphitpulvers auf. Graphit wurde vor dem Guss auf den
Abdruck des Negativs eingebracht, um die Form hitzebeständiger zu machen
und um nach dem Erkalten des heißen Metalls das Halbfabrikat ohne anhaftende Lehmreste aus der Form lösen zu können. 85 Was im vorliegenden Fall auch
gelang, zumal keinerlei Teile der gegossenen und gehärteten Buntmetallobjekte
nach dem Zerschlagen der Formen an der Oberfläche haften blieben.
Zum Eingießen des heißen Metalls wurden Gusstrichter mit Kanal so angebracht, dass sich das flüssige Metall in allen Bereichen der auszugießenden
Hohlform verteilen konnte. Solche Trichter sind an den Objekten GF1, GF3,
GF4 und GF6 erhalten. Die vollständige Schale GF1 sowie die Fragmente
GF3–GF6 zeigen zudem den Gusskanal, wobei für GF3 und GF5 hypothetisch
anzunehmen ist, dass der ausgegossene Kanal zugleich auch der Teil der gestreckten Federkonstruktion einer Fibel war. Langrechteckig ausgegossene
Gusskanäle dienten nämlich bei der Herstellung eingliedriger Fibeln in der Wei-
Abb. 17: Halbfabrikat einer kräftig profilierten
Fibel aus Wien. M 1:3 (Zeichnung: S. Schmid)
terverarbeitung als Ausgangsprodukt für die vom Feinschmied zu formende
Spiralkonstruktion. Ein vollständiges Halbfabrikat einer kräftig profilierten Fibel
liegt aus Wien vor (Abb. 17), mit eben diesem rechteckigen Eingusskanal
und dem noch nicht entfernten bzw. überarbeiteten Gusskopf, dem obersten
Teil des gegossenen, im Gusstrichter gestockten Objekts. Leider ist die genaue
Herkunft dieses auf eine lokale Produktion von Fibeln des 1./frühen 2. Jahrhunderts n. Chr. weisenden Artefakts im Wiener Stadtgebiet unbekannt. 86 Die
Gussformen aus der Wipplingerstraße liefern aufgrund ihrer starken Fragmentierung zwar keinen definitiven Beweis für eine Fibelproduktion im Legionslager,
insbesondere mit den Bruchstücken GF3 und GF5 (Taf. 3) ist diese aber auch
nicht auszuschließen.
Für die im näheren Umkreis des Fundplatzes im Alten Rathaus zu vermutende
Schmiede ist gleichwohl eine Spezialisierung gesichert, nämlich auf die Produktion von Schlüsseln bzw. Schlössern. Die erhaltene Schale einer zweiteiligen
Gussform zeigt den Negativabdruck eines kleinen Schubschlüssels mit Ringgriff des Typs Gáspár g1 (Taf. 3 GF1). 87 Die Größe des gefertigten Objekts
von nicht mehr als 3,6 cm deutet an, dass das zugehörige Schloss auf einem
Möbel oder Kästchen montiert gewesen war. Eine Schlüsselproduktion (Typ
Gáspár p) in einem Legionslager lässt sich auch am norischen Limes in Lauriacum-Enns (für das 3./4. Jahrhundert n. Chr.) feststellen. 88 In Vindobona ist die
Fertigung von Schubschlüsseln zudem in der Zivilstadt anhand eines Fehlgusses vom Fundplatz Rennweg 44 aufzuzeigen. 89
In Hinblick auf die Schlüsselgussform aus der Sondage in der Wipplingerstraße
6 (Bef.-Nr. 3) ist die Vergesellschaftung mit der Matrize GF2 (Taf. 3) bemerkenswert. Sie war für ein Objekt bestimmt, das mehr als 6 cm maß und bis auf eine
randbegleitende Profilierung völlig plan war. Der rechteckige Umriss, das am
Rand entlang laufende Profil sowie die (wahrscheinlich) geringe Wandstärke
von rund 0,1 cm des Fertigprodukts lassen darauf schließen, dass es sich
um eine gegossene Schlossplatte gehandelt haben könnte. 90 Im Unterschied
zu den geschmiedeten Blechen sind ausschließlich gegossene und somit massivere Beschläge antiker Schlösser deutlich seltener belegt. 91
85 http://daten.didaktikchemie.uni-bayreuth.
de/umat/modifikationen_c/modifikationen_c.
htm (19.6. 2012).
86 S. Schmid, Die römischen Fibeln aus
Wien. MSW 6 (Wien 2010) 66 Taf. 10,93.
87 Gáspár 1986, 63 Taf. 25* g1; 161 Taf.
259,444 (Dunáujváros).
88 H. Ubl in: H. Ubl (Hrsg.), Katalog zur
Schausammlung „Römerzeit“ des Museums
Lauriacum-Enns. LAF 12/2 (Enns 1997) 257
Kat.-Nr. V/J- 21 Schlüsselmodell mit Abb.
(Lauriacum). Dieser Typ wurde zudem auch
im norischen Munizipium Cetium hergestellt,
S. Jilek, Das Militär und die städtischen Zentren des Hinterlandes am Beispiel von Ovilava
(Wels) und Aelium Cetium (St. Pölten). RÖ
28, 2005, 176 Taf. 2,10 (Cetium).
89 H. Sedlmayer, Fabri aerarii und plumbarii
in Vindobona. Bull. instrumentum 8, 1998, 22
Abb. 1,2R; GC: 1990_01.
90 Z. B. Schlossblech mit lateraler Profilierung: Gáspár 1986, Taf. 5–6,1854; 92–
94,492;
107–109,439;
132–135,953;
201,657; 202,1023.
91 E. Riha, Kästchen, Truhen, Tische – Möbelteile aus Augusta Raurica. Forsch. Augst
31 (Augst 2001) 57 Taf. 31,376.
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Aufgrund der starken Fragmentierung ist für ein weiteres Objekt aus der Produktion der Buntmetallwerkstätte leider eine definitive Bestimmung nicht möglich. Die Gussform GF6 (Taf. 3) zeichnet sich durch einen kurzen, massiven
Gusskanal und eine starke, offenbar sphärische Kontur und eine glatte Wandung des hergestellten Fertigprodukts aus. Gesetzt den Fall, dass das Bruchstück der Matrize GF6 zu einem vielteiligen Tonmantel gehörte, könnte davon
ausgegangen werden, dass das Endprodukt eine Hohlform bildete, die einen
Tonkern beinhaltete. 92 Ein gutes Bespiel für eine hohl gegossene Plastik mit
Tonkern liegt anhand eines Jochbeschlags aus den canabae (Wien 1, Michaelerplatz) vor. 93
Handelt es sich bei dem verworfenen Artefakt GF6 allerdings nur um das
Bruchstück einer zweiteiligen Gussform, ist ein massives gegossenes Fertigprodukt mit mehr als 2,2 cm Wandstärke indiziert; es könnte sich in diesem Fall
um einen schweren Beschlag gehandelt haben, der etwa in Form eines Möbeloder Baubeschlags94 die sonstige Produktpalette der Schlüssel und Schlossbleche ergänzt hätte. Die Fertigung dekorativer Beschläge, die wahrscheinlich
zum Schmuck von Pferdegeschirr bzw. Jochen dienten, ist in Pannonien beispielsweise in Arrabona/Győr, Brigetio/Komárom und Siscia/Sisak belegt;95
unter diesen Halbfabrikaten liegen allerdings keinerlei massive Objekte vor,
92 Zur Technik: C. Rolley, Die griechischen
Bronzen (München 1984) 18 Abb. 1–5.
93 P. Donat et al., Die Wohnbereiche der canabae legionis von Vindobona. FWien 8, 2005,
37 Abb. 12, Rückenpartie der Löwenstatuette
sekundär abgebrochen und somit Tonkern
freiliegend; GC: 1992_01.
94 Vgl. massive sphärische bzw. halbkugelige Beschläge bei Gáspár 1986, 66 f. Taf. 32*
c.p.
95 I. Sellye, Adatok az arrabonai fémművességhez (Data to the Metallurgy of Arrabona.
Beiträge zu der Geschichte des Metallgewerbes in Arrabona). Arrabona 12, 1970, 82
Abb. 2–4 (Arrabona); É. B. Bónis, Das Militärhandwerk der Legio I Adiutrix in Brigetio. In:
Studien zu den Militärgrenzen Roms III. 13. Internat. Limeskongr., Aalen 1983. Forsch. u.
Ber. Vor- u. Frühgesch. Baden-Württemberg
20 (Stuttgart 1986) 304 Abb. 2,5.6; 3 (Brigetio); R. Koščević, Siscia. Pannonia Superior.
Finds and Metalwork Production. BAR Internat. Ser. 621 (Oxford 1995) 34 Abb. 25 (Siscia).
96 Jandl/Mosser 2008, 23–29 Abb. 23.
97 R. Kastler, Überlegungen zur Nutzung
der Legionsstandlager in der Spätantike. In:
Ch. Gugl/R. Kastler (Hrsg.), Legionslager Carnuntum. RLÖ 45 (Wien 2007) 471 f.; B. van
Daele, The Military Fabricae in Germania Inferior from Augustus to A. D. 260/270. Journal
Roman Military Equipment Stud. 10, 1999,
133.
die ein Pendant des aus GF6 resultierenden Fertigprodukts darstellen könnten.
Die verworfenen Teile von Gussformen aus der Buntmetallproduktion deuten
aufgrund ihrer Erhaltung auf die erfolgreiche Herstellung von Buntmetallobjekten hin. Die Formen waren nach dem Abschluss des Gussverfahrens zerschlagen und die Artefakte ohne Rückstände entnommen worden. Konkrete Hinweise auf die Produktpalette liefern die für Schubschlüssel und (wahrscheinlich)
Schlossblech (GF1–GF2) bestimmten Formen, hypothetisch ist auch von einer
Herstellung von Fibeln (GF3 und GF5) und massiven Beschlägen (GF6) auszugehen. Die Lage des Fundkomplexes mit Werkstattabfällen aus der Buntmetallverarbeitung an der via praetoria deutet auf eine fabrica innerhalb des Areals
des Legionslagers. Der Fundplatz liegt abseits der erst kürzlich Am Hof nachgewiesenen metallverarbeitenden Werkstätte,96 wodurch für das Legionslager
auf mehrere Standorte von Produktionseinheiten geschlossen werden darf. 97
Katalog der Gussformen
GF1 1 Schale einer zweiteiligen Gussform mit Negativabdruck eines Schubschlüssels mit Ringgriff
Typ Gáspár g1 (Taf. 3)
Gusskanal und Gusstrichter; Lehm, gebrannt; Oberfläche des Negativabdrucks mit Graphit- oder
grauen Korrosionsresten. Maße: Gussform: max. L 5,4 cm, max. B 3,8 cm, max. St. 1,5 cm;
Negativabdruck des Schlüssels: max. H 3,6 cm, max. B 2 cm, max. T 0,22 cm.
Inv.-Nr. MV 93.204/62 – Bef.-Nr. 3
GF2 1 Schale einer zweiteiligen Gussform mit Negativabdruck (wahrscheinlich) einer Schlossplatte mit lateraler Profilierung (Taf. 3)
Lehm, gebrannt; Oberfläche des Negativabdrucks mit Graphit- oder grauen Korrosionsresten.
Maße: Gussform: max. L 8 cm, max. B 7,4 cm, max. St. 2 cm; Negativabdruck der Platte:
max. H 6 cm, max. B 5,4 cm, max. T 0,08 cm.
Inv.-Nr. MV 93.204/53 – Bef.-Nr. 3
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Taf. 3: Abfälle einer antiken Buntmetallwerkstätte. M ca. 1 : 2 (Zeichnungen/Fotos: H. Sedlmayer)
GF3 1 Schale einer Gussform mit Gusstrichter und -kanal (Taf. 3)
Lehm, gebrannt; Oberfläche des Negativabdrucks mit grünen Korrosionsresten. Maße: Gussform: max. L 3,6 cm, max. B 3,2 cm, max. St. 1,1 cm; Gusstrichter und -kanal: max. L 3,4 cm.
Inv.-Nr. MV 93.201/15 – Schutt über Mauer Bef.-Nr. 1
GF4 1 Schale einer Gussform mit Gusstrichter und mit im Querschnitt rechteckigem Gusskanal
(Taf. 3)
Lehm, gebrannt; Innenseite des Gusstrichters mit grünen Korrosionsresten. Maße: Gussform:
max. L 3 cm, max. B 3 cm, max. St. 1,8 cm; Gusstrichter und -kanal: max. L 2,4 cm.
Inv.-Nr. MV 93.212/2 – Bef.-Nr. 13
GF5 1 Schale einer Gussform mit im Querschnitt rechteckigem Gusskanal (Taf. 3)
Lehm, gebrannt. Maße: Gussform: max. L 3,2 cm, max. B 2,4 cm, max. St. 1,6 cm; Gusskanal:
max. L 1,8 cm.
Inv.-Nr. MV 93.220/105 – Bef.-Nr. 21
GF6 1 Schale einer Gussform mit Gusstrichter und -kanal, Negativabdruck eines glattwandigen
Endprodukts (Taf. 3)
Lehm, gebrannt; Oberfläche des Negativabdrucks mit grünen Korrosionsresten. Maße: Gussform: max. L 4,2 cm, max. B 5 cm, max. St. 2 cm; Gusstrichter, -kanal und fragmentiertes Negativ des Endprodukts: max. L 4,2 cm, max. B 4,2 cm, max. T 2,2 cm.
Inv.-Nr. MV 93.204/52 – Bef.-Nr. 3
103
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